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HEINRICH CARL BREIDENSTEIN WAR

Beethovens Herold am Rhein. Der Hesse wurde 1823 erster Musikdirektor an der neu gegründeten Bonner Universität und dort 1826 wurde er zum ersten Professor der Musikwissenschaft im deutschsprachigen Raum ernannt. Beethovens Musik war bis dahin in Bonn weitgehend ignoriert worden, obwohl sie bereits die Konzertsäle in Europa erorberte. Die Restaurierung seines Grabes auf dem Bonner Alten Friedhof  durch die "Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofes in Bonn e.V" haben die BÜRGER FÜR BEETHOVEN mit einer Spende von 1.000 € unterstützt. Sie wurde am 12. Juli, dem Todestag von Breidenstein am restaurierten Grab überreicht.

Den folgenden Text können Sie hier ausdrucken.

Familie Breidenstein, Brigitta Poppe-Reiners und Eva Hüttenhain mit Stephan Eisel (Bürger für Beethoven (v.l.n.r.)

 

Dieser Beitrag erschien am 8. Juli 2023 im General-Anzeiger Bonn. 

 

Stephan Eisel
Beethovens Herold am Rhein

Vor 200 Jahren kam Heinrich Carl Breidenstein nach Bonn

In seiner Heimatstadt war Ludwig van Beethoven nach der Abreise 1792 weitgehend vergessen. Das änderte sich erst, als vor 200 Jahren Hein­rich Carl Brei­den­stein nach Bonn kam. Er war am 28. Februar 1796 im hessischen Stein­au in eine Musikerfamilie geboren und studierte Jura in Berlin und Philosophie in Heidelberg. Immer mehr wandte er sich dabei der Musik zu.

An der neuen Bonner Universität suchte man damals einen „akademischen Musiklehrer“. Breidenstein bewarb sich 1821 und trat die Stelle am 2. Juni 1823 an. 1826 wurde er zum ersten Professor der Musikwissenschaft im deutschsprachigen Raum ernannt.

Schon am 21. März 1824 führte Breidenstein in Bonn eine Beethovensche Sinfonie auf. Im gleichen Jahr setzte er sich beim Niederrheinischen Musikfest für eine Aufführung der ganz neuen 9. Sinfonie ein, aber gedruckte Noten lagen noch nicht vor. Am 23. Mai 1825 leitete dann der Bonner Ferdinand Ries, der von Beethoven selbst eine Abschrift der Partitur erhalten hat, in Aachen die erste Aufführung der Neunten im Rheinland.

Breidenstein schrieb dazu in einer anonymen Kritik für die „Allgemeine Musikalische Zeitung“: „Es ist nicht zu leugnen, daß dieses Finale mit seinen Chören der schwächere Teil des genialen Werkes ist. Zwar fehlen auch hier nicht einzelne unvergleichliche Stellen, aber dagegen – ich scheue mich nicht, es auszusprechen, denn gegen Beethoven nicht von Brust (frei heraus) zu reden, wäre unverzeihlich – fehlt es dem Ganzen an Haltung und Ausführbarkeit. … Trotzdem kann man von Beethoven sagen, was man von Händel gesagt hat: Auch in der Verirrung groß!“

Kurz darauf sorgte Breidenstein bei den Bonner Feiern zum Geburtstag des Königs für die Aufführung einer Beethoven-Sinfonie. Am 17. Dezember 1826 initiierte er das erste Konzert zum Geburtstag des Komponisten in seiner Heimatstadt. In diesem Rahmen wurde Beethovens schon 20 Jahre zuvor komponierte 4. Sinfonie wahrscheinlich zum ersten Mal in Bonn gespielt.

Im „Bonner Wochenblatt“ formulierte Breidenstein damals das Ziel,  „das hiesige musikliebende Publikum nach und nach mit den vorzüglichen neuern Symphonien und namentlich mit den Bethovenschen bekannt zu machen. Jedermann erkennt das Ausserordentliche, was Bethoven in diesem Fache geleistet hat, und er gilt mit Recht als der Stifter einer neuen, d.h. der neuesten Epoche der Instrumental=Musik, indem er die materiellen Kunstmittel auf eine Weise beschäftigt, welche seinen großen Vorgängern, Haydn und Mozart, zum Theil noch nicht gestattet war“.

Bei drei Winterkonzerten 1826/27 leitete Breitenstein dann die mutmaßlich ersten Bonner Aufführungen von Beethovens  8. und der 2. Sinfonie sowie der Fidelio-Ouvertüre.

Zugleich wurde er mit allerlei Streitigkeiten des zersplitterten Musiklebens konfrontiert und zog sich im März 1827 frustriert nach Ber­lin zurück.

Als Breidenstein Anfang 1828 nach Bonn zurückkehrte wurde er mit  bissigen Anzeigen von Karnevalisten im „Bonner Wochenblatt“ begrüßt. Dort hieß es, jede seiner Vorlesungen schließe „mit einem Tonstück, welches der Herr Professor selbst componiert und welches überall, wo es bisher aufgeführt wurde, nach Gebühr ausgepfiffen.“ Als spöttischer Witz kursierte die „Ex­amens­fra­ge“ nach dem mu­si­ka­lischs­ten und un­mu­si­ka­lischs­ten Stein: Das eine sei der Ba­salt (Bass-Alt), das andere  der Brei­den­stein.

Solche Anfeindungen gingen an Breidenstein nicht spurlos vorbei. Felix Mendelssohn-Bartholdy berichtete 1833 nach einem Besuch in Bonn, wie schwer erkrankt der „arme Breidenstein“ sei. Der Gründungsrektor der Bonner Universität Karl-Dieterich Hüllmann vermerkte im gleichen Jahr, Brei­den­stein be­fin­de „sich in gänz­li­cher öko­no­mi­scher Zer­rüt­tung und ist der Ver­zweif­lung na­he.“

1834 wurde zudem ein Brief bekannt, den der Komponist Carl Friedrich Zelter als Berater des preußischen Königs schon 1823 an Johann Wolfgang von Goethe geschrieben hatte. Zu Breidenstein ist darin von der „Unverschämtheit des jungen Gezüchts“ die Rede, das Mozart, Haydn und Händel in Frage stellen würde: „Ich werde ihm den Hals brechen, wenn er mir die guten alten Regeln breche.“

Trotz dieser Schwierigkeiten engagierte sich Breidenstein weiter vehement dafür, dass Beethoven auch in seiner Heimatstadt die angemessene Anerkennung findet. Er initiierte 1835 der „Bonner Verein für Beethovens Monument“ und dessen Spendenaufruf.

Als Franz Liszt erfuhr, dass nicht genug Geld zusammenkam, bot der Beethoven-Verehrer an, den fehlenden Betrag zu übernehmen. Breidenstein holte ihn 1839 als Ehrenmitglied in das Denkmalkomitee, dessen Vorsitzender er im Jahr zuvor geworden war. Ihm stellte Liszt im Sommer 1840 „bei Gelegenheit einer mit dem Comité unternommenen Lustfahrt nach Godesberg“ den entsprechenden Scheck aus. So konnte das Komitee einen Denkmal-Wettbewerb ausschreiben, den Ernst Julius Hähnel gewann.

Zugleich verpflichtete Breidenstein Liszt für die künstlerische Leitung des ersten Beethovenfestes mit der Enthüllung Beethoven-Denkmals am 12. August 1845. Breidenstein dirigierte beim Festgottesdienst im Münster Beethovens C-Dur-Messe und  komponierte für den Anlass  eine Festkantate. Er selbst bezeichnete sein Werk aber als „dieses unbedeutende, durch die Aufführung im Freien, unter dem lärmenden Geschrei von Tausenden und dem Geflatter von 40 von starkem Wind bewegten Fahnen ohnehin zum Opfertod bestimmte Stück.“ Auch Breidensteins Festrede ging im Lärm unter.

In fast allen Berichten über das erste Beethovenfest wird dem Denkmalkomitee vorgeworfen, mit der Organisation überfordert gewesen zu sein. Breidenstein war einmal mehr der Sündenbock.  Schon zuvor war in der Musikpresse zu lesen, die Bonner würden auf „Beethoven’s Geist und Charakter nicht viel“ geben. Dabei hatte Breidenstein 1843 den „Bonner Orchesterverein“ ins Leben gerufen, mit dem er zahlreiche Werke von Beethoven aufführte.

Seine konservativen Kritiker standen auch hinter der scharfen anonymen Kritik, die im Oktober 1844 in einer Kölner Zeitschrift veröffentlicht wurde: „Was ist es also, dass wir nicht vom Fleck kommen? Wo liegt der Hemmschuh, der sich an Aller Wollen hängt ? Sagen wir es frei heraus, es ist unsere oberste musikalische Behörde und ihr erstes Organ, der Universitätsdirektor Dr. und Professor B. Ein breiter Stein, über den wir Alle, Jung und Alt, nicht hinüberkommen können.“ Ausgerechnet ihm wurde vorgeworfen: „Eine Stadt, die sich rühmt, die Vaterstadt Beethoven’s zu sein, kennt nicht dessen Werke …“

Nach der Denkmalenthüllung zog sich Breidenstein weitgehend zurück. Für das zweite Beethovenfest zum 100. Geburtstag des Komponisten wurde 1869 Jo­seph von Wa­sie­lew­ski als städ­ti­schen Mu­sik­di­rek­tor berufen. Ihn wollten Breidensteins Gegner auch als Universitätsmusikdirektor durchsetzen. Ein Antrag auf dessen Zwangspensionierung scheiterte zwar 1875, im Mai 1876 reichte der Hochbetagte aber selbst sein Ab­schieds­ge­such ein.

Am 12. Juli 1876 ver­starb Heinrich Carl Brei­den­stein nach einem Schlag­an­fall. Er wurde auf dem Alten Friedhof bestattet, wo die „Fördergesellschaft des Alten Friedhofs“ mit Spenden und Unterstützung der „Bürger für Beethoven“ jetzt die Restaurierung des Grabes realisieren konnte.

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