Die Studie "Die Taufkirche Ludwig van Beethovens - Recherchen zu St. Remigius (alt)" von Arnulf Marquardt-Kuron können Sie hier ausdrucken.
Fotos zum Inventur aus der alten Remigiuskirche finden Sie zur Verwendung mit Quellenangabe am Ende des Beitrages:
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Remigiusplatz zum Beethovenort umgestalten
„Kiosk und Toilettenanlage am historischen Taufort Beethovens sind eine Blamage“
Alte Remigiuskirche war wichtiger Bezugspunkt für die Familie Beethovens
Auf dem Platz, wo am 17. Dezember 1770 Ludwig van Beethoven getauft wurde, befinden sich heute ein Kiosk und eine öffentliche Toilettenanlage. Das muss sich nach Auffassung der BÜRGER FÜR BEETHOVEN möglichst bald ändern. Der Vorsitzende des Vereins Stephan Eisel sagte dazu bei einem Ortstermin auf dem Remigiusplatz, dem historischen Standort der Taufkirche Beethovens: „Beethovens Geburt ist nur aufgrund eines Eintrags im Taufregister der alten Remigiuskirche dokumentiert. Bonn würde sich blamieren, wenn wir 2020 den 250. Geburtstag Beethovens feiern, und am historischen Platz der Taufe erinnert überhaupt nichts daran. Deshalb wollen wir eine Umgestaltung des Remigiusplatzes zum sichtbaren und erlebbaren Beethovenort.“
Vorstandsmitglied Arnulf Marquardt-Kuron stellte das Ergebnis seiner historischen Recherchen zu Beethovens Taufkirche vor: „Es hat mich selbst überrascht, auf wie viele bisher weitgehend „versteckte“ Informationen ich dabei gestoßen bin. Beethovens Lebensgeschichte ist auch ein Stück Bonner Stadtgeschichte.“ Die alte Remigiuskirche, die urkundlich bereits 795 erstmals erwähnt wurde, war dreischiffig mit einem sechs- oder achteckigem Turm. Zu Beethovens Lebzeiten war sie die Hauptpfarrkirche mit dem größten Pfarrbezirk von Bonn.
Abgesehen von einer kurzen Zeit lebte die Familie Beethoven in diesem Pfarrbezirk. Für Ludwig van Beethoven hatte die alte Remigiuskirche deshalb eine nicht zu unterschätzende persönliche Bedeutung. Dort heirateten sowohl seine Großeltern (Ludwig van Beethoven und Maria Joseph Poll am 7.9.1733) als auch seine Eltern (Johann van Beethoven und Maria Magdalena Keverich am 12. 11. 1767). Außerdem erlebte er dort als Heranwachsender die Taufe von vier seiner fünf jüngeren Geschwister (Nikolaus Johann am 2. 10. 1776, Anna Maria Francisca am 23. 2. 1779, Fritz Georg am 17.1.1781 und Maria Margaretha Josepha, am 5. 5. 1786).
Es spricht alles dafür, dass der heranwachsende Ludwig van Beethoven seine kirchliche Sozialisation beim Gottesdienstbesuch vor allem in der alten Remigiuskirche erhalten hat, bevor er ab dem Alter von 12 Jahren als Organist in verschiedenen Kirchen Bonns und der Region seinen Dienst verrichtete. Auch im Blick auf das Orgelspiel spielte die alte Remigiuskirche für den jungen Ludwig vermutlich eine wichtige Rolle, denn einer der Schüler seines Vaters Johann van Beethoven Nicola Veit war Organist an der Remigiuskirche. Veit wiederum war auch Lehrer von Beethovens Jugendfreund Franz Josef Mompour, der später Organist an der Münsterkirche wurde. Beethoven wollte ihn wegen seines großen musikalischen Talentes wohl mit nach Wien 1792 nehmen, der Jugendfreund konnte sich das aber nicht leisten.
Acht Jahre nach Beethovens Abreise aus Bonn wurde die Remigiuskirche im Mai 1800 nach einem Blitzschlag schwer beschädigt und in Folge der Säkularisierung nicht wieder aufgebaut. Wie Marquardt-Kuron in seiner Studie detailliert darstellt, wurde das noch vorhandene Inventar auf andere Kirchen in Bonn verteilt. Taufstein und Hochalter fanden ihren Weg in die Minoritenkirche, der zugleich der Namen Remigiuskirche übertragen wurde. Viele Bonner und Besucher gehen deshalb irrtümlich davon aus, dass Beethoven dort getauft wurde.
1898 wurde der Hochaltar wieder abgebaut und 1914 in die Abteikirche nach Siegburg verbrach, wo er 1944 einem Bombenangriff zum Opfer fiel. Die Kanzel der ehemaligen Remigiuskirche im Stil des Rokoko wurde im Mittelschiff des Bonner Münsters wieder aufgebaut. Die Brandglocke – in der alten Remigiuskirche war die Bonner Brandwache untergebracht - hängt heute in der Namen-Jesu-Kirche und schlägt jeden Abend um 22 Uhr zur Nachtruhe. Diesen Glockenklang hatte auch Ludwig van Beethoven gehört.
Die BÜRGER FÜR BEETHOVEN plädieren dafür, den historischen Taufort Beethovens wieder sichtbar zu machen und die Bedeutung der alten Remigiuskirche für Ludwig van Beethoven und seine Familie in Erinnerung zu rufen. Dazu kann sich der Verein auf dem Remigiusplatz z. B. ein größeres Modell der historischen Taufkirche und eine Nachbildung des Taufsteins vorstellen. Aufgrund der noch vorhandenen Teile der Innenausstattung und historischer Bilddokumente ließe sich auch der Innenraum der Kirche rekonstruieren und mit Hilfe moderner Medien erlebbar machen. Denkbar sei auch ein sog. „archäologisches Fenster“, d. h. eine Glasplatte über den Kirchenfundamenten, die man bei einer Grabung entdeckt und dann mit dem heutigen Strassenpflaster wieder verschlossen hat. In ein solches Konzept müsse natürlich auch die Musik Beethovens angemessen integriert werden.
In einem Schreiben an den Oberbürgermeister und die Rats- bzw. Bezirksvertretungsfraktionen fordern die BÜRGER FÜR BEETHOVEN, die bisherigen Planungen für den Remigiusplatz zu korrigieren und auf eine ganz neue Grundlage zu stellen. Am sinnvollsten wäre es, dafür einen Ideenwettbewerb auszuschreiben. Eisel wies darauf hin, dass es schon seit 2007 unterschiedlichste Verwaltungsvorlagen und Beschlüsse zu Umgestaltung des Platzes gibt: „Es ist schon befremdlich, dass darin bei den Überlegungen für diesen historischen Ort Beethoven nie vorkommt. Die authentischen Beethovenorte sind doch unser Bonner Alleinstellungsmerkmal über das Beethoven-Jubiläum 2020 hinaus. Wir müssen sie aber auch angemessen präsentieren und erlebbar machen.“
Erst vor wenigen Wochen, am 1. März 2016, habe die Bonner Bezirksvertretung noch ein „Interessenbekundungsverfahren für die Toiletten am Remigiusplatz“ beschlossen: „Hier ist dringend Umkehr geboten.“ Der wieder sichtbar gemachte Taufort könne mit dem Geburtshaus und dem Beethoven-Denkmal als touristisches Beethoven-Dreieck Kernelement eines aufgewerteten Beethoven-Rundgangs sein. Für diesen wollen die BÜRGER FÜR BEETHOVEN demnächst ein Konzept vorstellen. Sie berufen sich dabei auch auf den Würzburger Musikwissenschaftler und Leibniz-Preisträger Ulrich Konrad, der auch als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates des Beethoven-Hauses Ende 2015 in seinem vielbeachteten Vortrag „Der `Bonner`Beethoven“ dafür plädiert hatte, durch „weiter ausgreifende archivalische wie historische Forschungen doch noch etwas mehr Licht in manche dunkle Ecke des Bonner Lebenslaufs und der Umwelt Beethovens zu bringen“.
Die Studie „Die Taufkirche Ludwig van Beethovens“ von Arnulf Marquardt-Kuron erhalten Sie im Internet unter www.buerger-fuer-beethoven oder in der Geschäftsstelle des Vereins (Kurfürstenallee 2-3, 53177 Bonn, Tel. 228 – 36 62 74)