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Dass "Der `Bonner´Beethoven" immer wieder unterschätzt wird,

11. Juli 2016
hat der Musikwissenschaftler und Leibniz-Preisträger Ulrich Konrad in einem eindrucksvollen Vortrag dargelegt. Er fordert, dass sich sowohl die Musikwissenschaft als auch Musiker mehr mit den 22 Bonner Jahren beschäftigen, in denen er "in Bonn als Komponist eigenständig geworden war." Den auch im Blick auf Beethoven 2020 wegweisenden Vortrag finden Sie im Text und als Videomitschnitt hier.
Lithographie der Gebrüder Becker nach einem Schattenriß von Joseph Neesen
Lithographie der Gebrüder Becker nach einem Schattenriß von Joseph Neesen

 

Einen Videomitschnitt des Vortrages "Der ´Bonner`Beethoven von Ulrich Konrad finden Sie hier.

 

Den vollständigen Text  des Vortrages "Der ´Bonner`Beethoven von Ulrich Konrad finden Sie hier.

 

 

aus

Ulrich Konrad

"Der ´Bonner`Beethoven" 

"Dass der „Bonner“ Beethoven keine Larve war, aus der erst in Wien der wirkliche Künstler geschlüpft ist, diese Behauptung sollte nach unseren Bemerkungen weniger als bilderstürmende These denn vielmehr als berechtigte Annahme für die Biographie wie für den schöpferischen Werdegang des Komponisten unstrittig sein.

Ob nicht wiederholte und weiter ausgreifende archivalische wie historische Forschungen doch noch etwas mehr Licht in manche dunkle Ecke des Bonner Lebenslaufs und der Umwelt Beethovens zu bringen vermögen, das zu erweisen käme auf den Versuch an. So oder so: Schon das Altbekannte mit frischem Blick aus anderen Winkeln anzuschauen, kann zu neuen Erkenntnissen führen.

Es wird sich weiterhin als lohnend herausstellen, von einer noch gründlicher als bisher vorgenommenen Untersuchung der Bonner Werke aus die Linien weiter zu ziehen, die sich im kompositorische Denken Beethovens früh angelegt finden und dauerhafte Gültigkeit besitzen.

Musiker sollten sich dieser Stücke viel häufiger annehmen, als sie es tun, gemeinhin wohl eher aus Unkenntnis denn aus Wertvorbehalten. Solche werden bei vorurteilsfreier Annäherung ohnehin kaum Bestand haben, dürfte es den meisten Spielern und Hörern doch gehen wie Johannes Brahms, der im Mai 1884 nach Kennenlernen der (in Bonn komponierten) wiederentdeckten Josephskantate gegenüber dem Kritiker Eduard Hanslick begeistert äußerte: „Stände aber kein Name auf dem Titel, man könnte auf keinen Andern rathen – es ist Alles und durchaus Beethoven! Das schöne edle Pathos, das Großartige in Empfindung und Phantasie, das Gewaltige, auch wol Gewaltsame im Ausdruck, dazu die Stimmführung, die Declamation und in beiden letzteren alle Besonderheiten, die wir bei seinen späteren Werken betrachten und bedenken mögen.“ "